2013年06月06日
longchamp taschen,Louis Vuitton Taschen
Da machen die Kleinbürger große Augen
Türsteher im Rotlichtviertel
Da machen die Kleinbürger große AugenMichael Guttmann ist Portier" im Rotlichtviertel - er soll Kunden in die Bar locken. Zu Hause steht er mehr auf Beethoven und Schach - und träumt von einer alten Liebe.
Von Friederike Haupt
Es ist ein schlechter Abend für den alten Mann und die nackten Frauen. Wieder laufen zwei Geschäftsleute, dunkle Mäntel, Hände in den Taschen, am "Foxy Ladie's" vorbei. Eine Bar im Frankfurter Bahnhofsviertel, überlebensgroße Fotos von lasziven Blonden und Brünetten an der Tür, grüne Lichterketten, und davor der alte Mann.
Er ist "Portier", so nennt er sich. Sein Beruf: Männer hineinlocken zu den Frauen. Es ist später Abend an diesem Montag, und es ist bitterkalt. Der alte Mann trägt eine Daunenjacke und eine Wollmütze. Wer die Hände in den Taschen habe, gehe sowieso an der Bar vorbei, sagt er: "Das sind Kleinbürger." Da gibt er sich erst gar keine Mühe. Auch nicht bei denen, die billige rote und blaue Windjacken tragen. Und der Chinese da? "Keine Chance",longchamp taschen, sagt der alte Mann. Kurz darauf geht der Chinese an der Bar vorbei.
Der Mann, 68 Jahre alt ist er, steht jede Woche drei Nächte lang vor dem "Foxy Ladie's" - Samstag, Sonntag, Montag. Es ist eine von acht Bars dieser Art in derselben Straße. Seit vierzig Jahren arbeitet er da, wo die Huren und Dealer sind, wo die Messegäste und Junkies hingehen, wenn sie kurz glücklich sein wollen, wo dicke BMW mit dunklen Scheiben und Polizeiautos Patrouille fahren. 1971 wurde Michael Guttmann, so heißt der alte Mann, Portier im Rotlichtviertel: "Es hieß, es gibt Cash." Und ihm gefiel der Job: Mit Anzug, Einstecktuch,longchamp, Schmuck und immer einem Scherz auf den Lippen stand er da, quatschte Passanten an, lockte sie in die Bar: "Ich wollte der beste Portier sein."
Aber die Zeiten haben sich geändert. "Das Bahnhofsviertel ist tot",Louis Vuitton Taschen, sagt Guttmann. Er müsse aufpassen, was er sage über das Milieu, sonst könnte er morgen selbst tot sein, fügt er an. Doch so viel sei jedem klar: "Es geht uns nicht gerade gut hier." 98 Prozent aller Passanten vermuteten Abzocke und kämen nicht mehr in die Bars. Neu und aufregend seien sie auch schon lange nicht mehr, im Internet finde heute jeder schnellen Sex. Und im "Foxy Ladie's" gibt es nicht einmal Sex, nur leicht bekleidete Frauen - Guttman nennt sie "Tischdamen" - zum Reden und auch mal Anfassen. Die Redezeit kostet teure Getränke. Doch kaum jemand kommt noch. Die kleinen Leute, sagt Guttmann, haben kein Geld, und die Reichen gehen in die edleren Lokale. "Der Aufschwung kommt bei uns nicht an."
Der kommt nur zum Gucken"
Michael Guttmann verdient 60 Euro pro Nacht, nicht viel für acht Stunden in der Kälte. Gelingt es ihm, Männer ins "Foxy Ladie's" zu locken, bekommt er zusätzlich zehn Prozent von dem Geld, das sie dort vertrinken. Deswegen hat er sich Tricks zurechtgelegt: Schnell muss er sein,http://www.louisvuittonhandtaschenshop.info/, um die vorbeieilenden Männer zu stoppen. Sind sie an seinem Laden vorbei, darf er nicht hinterher. Nebenan ist das "Sex Inn", ein Bordell, und dort sieht man es gar nicht gern, wenn Kunden abgeworben werden. Guttmann bleiben wenige Sekunden. Er kenne 190 Staats- und Regierungschefs auswendig, sagt er. Kommen etwa spanische Männer vorbei, ruft er "Zapatero!" Hat der Portier Glück, bleiben die Männer erstaunt stehen, lachen, und er kann ein Gespräch beginnen.
Guttmann hat auf der Straße vor der Bar gelernt, Menschen genau zu beobachten. Er muss Chinesen von Japanern unterscheiden können, um den richtigen Staatschef zu sagen. Er muss wissen, wer eher nach Bordellgast aussieht, um Kräfte zu sparen. Ein Mann in grauem Mantel kommt die Straße entlang: "Nichts für uns", sagt Guttmann schon,http://www.longchampshop-de.info, als der andere noch fünfzig Meter entfernt ist. Tatsächlich, der ältere Mann geht ins "Sex Inn". Der werde gleich wieder rauskommen, prophezeit der Portier. Auch das stimmt, fünf Minuten später verlässt der Mantelträger das Bordell wieder. "Der kommt nur zum Gucken", weiß Guttmann. Nackte Frauen anschauen, dann nach Hause - manchem reicht das schon.
Ein großer Fernseher als einziger Luxus
An diesem Montagabend ist noch überhaupt kein Gast ins "Foxy Ladie's" gekommen. Es sind kaum Männer unterwegs. An Werktagen ist die Arbeit noch schwieriger als am Wochenende, außer, es ist Messe. Guttmann wirkt niedergeschlagen. Er hat nicht resigniert, noch neulich schrieb er in die Geburtstagskarte für seine junge Chefin die Worte: "Wir kämpfen gemeinsam,LV Tasche, und wir gewinnen gemeinsam!" Doch an Abenden wie diesem ist es schwierig auf der Straße im Bahnhofsviertel. Dennoch macht Guttmann, der Rentner,Louis Vuitton Online Shop, seinen Job immer noch. Und er denkt nicht daran, aufzuhören.
Das liegt auch am Geld. Guttmann braucht es. 284 Euro Rente bekomme er, dazu die Miete für die Zweizimmerwohnung in dem Altbau direkt gegenüber seiner Bar. Jahrzehntelang hat Guttmann kaum Rentenbeiträge gezahlt, deswegen bekommt er jetzt so wenig. Dabei hatte er früher, als die Zeiten besser waren, viel Geld - Lederjacken exklusiver Marken in seinem Wohnzimmerschrank zeugen noch davon. Auch teuren Schmuck kaufte sich der Portier, er wollte gut aussehen für die Arbeit und für die Frauen, und er machte großzügige Geschenke. Zur Seite legte er nichts. Heute ist ein großer Fernseher sein einziger Luxus.
Doch es geht nicht nur ums Geld. Er kenne kaum Leute, die nicht aus dem Milieu seien, sagt Guttmann - kein Wunder nach vierzig Jahren dort. Verklären will er nichts: "Ich lebe in einem sozialen Umfeld, das ballaballa ist", sagt er. "Gucke ich aus dem Fenster, sehe ich das ganze Elend." Er sei fast der Einzige von seinen Bekannten, der keine Drogen nehme. Seine kleine Wohnung hat der Mann deswegen gemütlich einrichten wollen: Es gibt Plastikblumen, Tischdeckchen,longchamp le pliage, alte Stiche und ein Schwarzweißfoto seiner Mutter an der Wand, ein tiefes Sofa und eine dicke Katze, die darauf sitzt. Guttmann serviert Dinkelkekse vom Biobäcker zum Kaffee.
Manchmal wartet er monatelang
Dass der Portier vom "Foxy Ladie's" ein Schachbrett hat, dass er Herta Müllers "Atemschaukel" und Íngrid Betancourts "Kein Schweigen, das nicht endet" besitzt, dass er Beethovenplatten sammelt - "1770 geboren in Bonn", kommt es wie aus der Pistole geschossen, Smalltalkwissen für die Straße -, das findet er selbst ganz selbstverständlich. Guttmann geht zur Arbeit, und danach sucht er einen Ausgleich. Wie jeder andere Berufstätige auch. Nach dem Frühstück um fünf Uhr morgens geht er, wenn er nicht gearbeitet hat und müde ist, mit einer Flasche Wasser und einer Banane zu einer Sitzbank am Main und macht dort Gymnastik - in Jeans und Pudelmütze. "Da machen die Kleinbürger große Augen", sagt er, "ich bin für die ein komischer Anblick." "Kleinbürger", das sind für ihn die, die nicht hinter die Kulissen gucken, vorschnell urteilen, Menschen wie ihn wegen Äußerlichkeiten verachten.
Seine eigene Familie ist da nicht anders. Der Lebensgefährte seiner Schwester habe einmal zu Guttmanns Bruder gesagt: "Du bist schon so bekloppt wie der Michael in Frankfurt am Main." Das kränkt bis heute. Seine vier Geschwister seien eben alle "reich" geworden. Er selbst, der 1961 aus Potsdam nach Hamburg kam, lernte Krankenpfleger, jobbte dann aber bei Krupp und in einem Münchner Supermarkt, bis er als Portier anfing. Unterschiedliche Läden, auch einmal kurz in St. Pauli ("Aber da kommt man als Frankfurter nicht rein"); obdachlos oder kriminell sei er nie geworden. Zu seinen Grundsätzen zähle außerdem: keine Gewalt.
Deswegen kommen viele im Frankfurter Rotlichtmilieu gern zu Michael Guttmann, wenn sie Geld brauchen. Er leiht es ihnen - mit Zinsen, aber weniger als bei der Bank -, und er bedroht und verprügelt sie nicht, wenn sie es nicht pünktlich zurückgeben. Manchmal warte er monatelang. Zweimal klingelt an diesem Nachmittag das Telefon, Bekannte kündigen an, Raten vorbeizubringen: "Steck es in den Briefkasten", sagt Guttmann dann. Sein Haus ist sicher. Es ist saniert, ein schöner Altbau, wie ihn im Frankfurter Bahnhofsviertel immer öfter auch Professoren und Ärzte bewohnen. Nicht weit vom "Foxy Ladie's" hat kürzlich ein erfolgreicher DJ eine Szenebar eröffnet - das verruchte Viertel lockt auch manche, die nicht auf der Suche nach nackten Frauen sind.
Auch Guttmann ist kein Kunde im Milieu. Fünfzehn Jahre war er mit seiner "Madame" zusammen, sie arbeitete in einer anderen Bar - "eine Kollegin". Ihr gerahmtes Foto steht noch heute, zehn Jahre nach der Trennung, im Regal in Guttmanns Wohnzimmer. Seitdem hatte er keine feste Beziehung mehr. Heute schwärmt er für seine Chefin, macht ihr teure Geschenke, doch sie hat einen Freund - ausgerechnet einen Boxer. Auch deshalb arbeitet der Rentner immer noch: um unter Menschen zu sein, jemanden zum Reden zu haben. Um dabei zu sein.
Nach vierzig Jahren vor Bars weiß er, wer die Drogen bringt und wer sie nimmt. Er erkennt die Frauen, die in der "Bild" verpixelt sind, wenn die Schlagzeile lautet: "Diese Frauen zockten die geilen Männer ab". Es geht gar nicht um seine Bar in dem Bericht, der an diesem Tag in der Zeitung war. Doch Michael Guttmann ärgert sich trotzdem: Wieder ein Artikel, den viele Menschen lesen werden. Wieder mehr Menschen, die beim Bahnhofsviertel an Betrug denken. Doch der Portier wird auch am nächsten Wochenende wieder auf der Straße vor dem "Foxy Ladie's" stehen und laut aus dem "Zauberlehrling" zitieren, damit wenigstens ein paar Passanten verblüfft stehenbleiben.Related articles:
Türsteher im Rotlichtviertel
Da machen die Kleinbürger große AugenMichael Guttmann ist Portier" im Rotlichtviertel - er soll Kunden in die Bar locken. Zu Hause steht er mehr auf Beethoven und Schach - und träumt von einer alten Liebe.
Von Friederike Haupt
Es ist ein schlechter Abend für den alten Mann und die nackten Frauen. Wieder laufen zwei Geschäftsleute, dunkle Mäntel, Hände in den Taschen, am "Foxy Ladie's" vorbei. Eine Bar im Frankfurter Bahnhofsviertel, überlebensgroße Fotos von lasziven Blonden und Brünetten an der Tür, grüne Lichterketten, und davor der alte Mann.
Er ist "Portier", so nennt er sich. Sein Beruf: Männer hineinlocken zu den Frauen. Es ist später Abend an diesem Montag, und es ist bitterkalt. Der alte Mann trägt eine Daunenjacke und eine Wollmütze. Wer die Hände in den Taschen habe, gehe sowieso an der Bar vorbei, sagt er: "Das sind Kleinbürger." Da gibt er sich erst gar keine Mühe. Auch nicht bei denen, die billige rote und blaue Windjacken tragen. Und der Chinese da? "Keine Chance",longchamp taschen, sagt der alte Mann. Kurz darauf geht der Chinese an der Bar vorbei.
Der Mann, 68 Jahre alt ist er, steht jede Woche drei Nächte lang vor dem "Foxy Ladie's" - Samstag, Sonntag, Montag. Es ist eine von acht Bars dieser Art in derselben Straße. Seit vierzig Jahren arbeitet er da, wo die Huren und Dealer sind, wo die Messegäste und Junkies hingehen, wenn sie kurz glücklich sein wollen, wo dicke BMW mit dunklen Scheiben und Polizeiautos Patrouille fahren. 1971 wurde Michael Guttmann, so heißt der alte Mann, Portier im Rotlichtviertel: "Es hieß, es gibt Cash." Und ihm gefiel der Job: Mit Anzug, Einstecktuch,longchamp, Schmuck und immer einem Scherz auf den Lippen stand er da, quatschte Passanten an, lockte sie in die Bar: "Ich wollte der beste Portier sein."
Aber die Zeiten haben sich geändert. "Das Bahnhofsviertel ist tot",Louis Vuitton Taschen, sagt Guttmann. Er müsse aufpassen, was er sage über das Milieu, sonst könnte er morgen selbst tot sein, fügt er an. Doch so viel sei jedem klar: "Es geht uns nicht gerade gut hier." 98 Prozent aller Passanten vermuteten Abzocke und kämen nicht mehr in die Bars. Neu und aufregend seien sie auch schon lange nicht mehr, im Internet finde heute jeder schnellen Sex. Und im "Foxy Ladie's" gibt es nicht einmal Sex, nur leicht bekleidete Frauen - Guttman nennt sie "Tischdamen" - zum Reden und auch mal Anfassen. Die Redezeit kostet teure Getränke. Doch kaum jemand kommt noch. Die kleinen Leute, sagt Guttmann, haben kein Geld, und die Reichen gehen in die edleren Lokale. "Der Aufschwung kommt bei uns nicht an."
Der kommt nur zum Gucken"
Michael Guttmann verdient 60 Euro pro Nacht, nicht viel für acht Stunden in der Kälte. Gelingt es ihm, Männer ins "Foxy Ladie's" zu locken, bekommt er zusätzlich zehn Prozent von dem Geld, das sie dort vertrinken. Deswegen hat er sich Tricks zurechtgelegt: Schnell muss er sein,http://www.louisvuittonhandtaschenshop.info/, um die vorbeieilenden Männer zu stoppen. Sind sie an seinem Laden vorbei, darf er nicht hinterher. Nebenan ist das "Sex Inn", ein Bordell, und dort sieht man es gar nicht gern, wenn Kunden abgeworben werden. Guttmann bleiben wenige Sekunden. Er kenne 190 Staats- und Regierungschefs auswendig, sagt er. Kommen etwa spanische Männer vorbei, ruft er "Zapatero!" Hat der Portier Glück, bleiben die Männer erstaunt stehen, lachen, und er kann ein Gespräch beginnen.
Guttmann hat auf der Straße vor der Bar gelernt, Menschen genau zu beobachten. Er muss Chinesen von Japanern unterscheiden können, um den richtigen Staatschef zu sagen. Er muss wissen, wer eher nach Bordellgast aussieht, um Kräfte zu sparen. Ein Mann in grauem Mantel kommt die Straße entlang: "Nichts für uns", sagt Guttmann schon,http://www.longchampshop-de.info, als der andere noch fünfzig Meter entfernt ist. Tatsächlich, der ältere Mann geht ins "Sex Inn". Der werde gleich wieder rauskommen, prophezeit der Portier. Auch das stimmt, fünf Minuten später verlässt der Mantelträger das Bordell wieder. "Der kommt nur zum Gucken", weiß Guttmann. Nackte Frauen anschauen, dann nach Hause - manchem reicht das schon.
Ein großer Fernseher als einziger Luxus
An diesem Montagabend ist noch überhaupt kein Gast ins "Foxy Ladie's" gekommen. Es sind kaum Männer unterwegs. An Werktagen ist die Arbeit noch schwieriger als am Wochenende, außer, es ist Messe. Guttmann wirkt niedergeschlagen. Er hat nicht resigniert, noch neulich schrieb er in die Geburtstagskarte für seine junge Chefin die Worte: "Wir kämpfen gemeinsam,LV Tasche, und wir gewinnen gemeinsam!" Doch an Abenden wie diesem ist es schwierig auf der Straße im Bahnhofsviertel. Dennoch macht Guttmann, der Rentner,Louis Vuitton Online Shop, seinen Job immer noch. Und er denkt nicht daran, aufzuhören.
Das liegt auch am Geld. Guttmann braucht es. 284 Euro Rente bekomme er, dazu die Miete für die Zweizimmerwohnung in dem Altbau direkt gegenüber seiner Bar. Jahrzehntelang hat Guttmann kaum Rentenbeiträge gezahlt, deswegen bekommt er jetzt so wenig. Dabei hatte er früher, als die Zeiten besser waren, viel Geld - Lederjacken exklusiver Marken in seinem Wohnzimmerschrank zeugen noch davon. Auch teuren Schmuck kaufte sich der Portier, er wollte gut aussehen für die Arbeit und für die Frauen, und er machte großzügige Geschenke. Zur Seite legte er nichts. Heute ist ein großer Fernseher sein einziger Luxus.
Doch es geht nicht nur ums Geld. Er kenne kaum Leute, die nicht aus dem Milieu seien, sagt Guttmann - kein Wunder nach vierzig Jahren dort. Verklären will er nichts: "Ich lebe in einem sozialen Umfeld, das ballaballa ist", sagt er. "Gucke ich aus dem Fenster, sehe ich das ganze Elend." Er sei fast der Einzige von seinen Bekannten, der keine Drogen nehme. Seine kleine Wohnung hat der Mann deswegen gemütlich einrichten wollen: Es gibt Plastikblumen, Tischdeckchen,longchamp le pliage, alte Stiche und ein Schwarzweißfoto seiner Mutter an der Wand, ein tiefes Sofa und eine dicke Katze, die darauf sitzt. Guttmann serviert Dinkelkekse vom Biobäcker zum Kaffee.
Manchmal wartet er monatelang
Dass der Portier vom "Foxy Ladie's" ein Schachbrett hat, dass er Herta Müllers "Atemschaukel" und Íngrid Betancourts "Kein Schweigen, das nicht endet" besitzt, dass er Beethovenplatten sammelt - "1770 geboren in Bonn", kommt es wie aus der Pistole geschossen, Smalltalkwissen für die Straße -, das findet er selbst ganz selbstverständlich. Guttmann geht zur Arbeit, und danach sucht er einen Ausgleich. Wie jeder andere Berufstätige auch. Nach dem Frühstück um fünf Uhr morgens geht er, wenn er nicht gearbeitet hat und müde ist, mit einer Flasche Wasser und einer Banane zu einer Sitzbank am Main und macht dort Gymnastik - in Jeans und Pudelmütze. "Da machen die Kleinbürger große Augen", sagt er, "ich bin für die ein komischer Anblick." "Kleinbürger", das sind für ihn die, die nicht hinter die Kulissen gucken, vorschnell urteilen, Menschen wie ihn wegen Äußerlichkeiten verachten.
Seine eigene Familie ist da nicht anders. Der Lebensgefährte seiner Schwester habe einmal zu Guttmanns Bruder gesagt: "Du bist schon so bekloppt wie der Michael in Frankfurt am Main." Das kränkt bis heute. Seine vier Geschwister seien eben alle "reich" geworden. Er selbst, der 1961 aus Potsdam nach Hamburg kam, lernte Krankenpfleger, jobbte dann aber bei Krupp und in einem Münchner Supermarkt, bis er als Portier anfing. Unterschiedliche Läden, auch einmal kurz in St. Pauli ("Aber da kommt man als Frankfurter nicht rein"); obdachlos oder kriminell sei er nie geworden. Zu seinen Grundsätzen zähle außerdem: keine Gewalt.
Deswegen kommen viele im Frankfurter Rotlichtmilieu gern zu Michael Guttmann, wenn sie Geld brauchen. Er leiht es ihnen - mit Zinsen, aber weniger als bei der Bank -, und er bedroht und verprügelt sie nicht, wenn sie es nicht pünktlich zurückgeben. Manchmal warte er monatelang. Zweimal klingelt an diesem Nachmittag das Telefon, Bekannte kündigen an, Raten vorbeizubringen: "Steck es in den Briefkasten", sagt Guttmann dann. Sein Haus ist sicher. Es ist saniert, ein schöner Altbau, wie ihn im Frankfurter Bahnhofsviertel immer öfter auch Professoren und Ärzte bewohnen. Nicht weit vom "Foxy Ladie's" hat kürzlich ein erfolgreicher DJ eine Szenebar eröffnet - das verruchte Viertel lockt auch manche, die nicht auf der Suche nach nackten Frauen sind.
Auch Guttmann ist kein Kunde im Milieu. Fünfzehn Jahre war er mit seiner "Madame" zusammen, sie arbeitete in einer anderen Bar - "eine Kollegin". Ihr gerahmtes Foto steht noch heute, zehn Jahre nach der Trennung, im Regal in Guttmanns Wohnzimmer. Seitdem hatte er keine feste Beziehung mehr. Heute schwärmt er für seine Chefin, macht ihr teure Geschenke, doch sie hat einen Freund - ausgerechnet einen Boxer. Auch deshalb arbeitet der Rentner immer noch: um unter Menschen zu sein, jemanden zum Reden zu haben. Um dabei zu sein.
Nach vierzig Jahren vor Bars weiß er, wer die Drogen bringt und wer sie nimmt. Er erkennt die Frauen, die in der "Bild" verpixelt sind, wenn die Schlagzeile lautet: "Diese Frauen zockten die geilen Männer ab". Es geht gar nicht um seine Bar in dem Bericht, der an diesem Tag in der Zeitung war. Doch Michael Guttmann ärgert sich trotzdem: Wieder ein Artikel, den viele Menschen lesen werden. Wieder mehr Menschen, die beim Bahnhofsviertel an Betrug denken. Doch der Portier wird auch am nächsten Wochenende wieder auf der Straße vor dem "Foxy Ladie's" stehen und laut aus dem "Zauberlehrling" zitieren, damit wenigstens ein paar Passanten verblüfft stehenbleiben.Related articles:
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